Aus aktuellem Anlass ergibt sich die Frage, ob Anwälte gegen das Standesrecht verstoßen, wenn sie im Auftrag einer Handelsgruppe bei einem bekannten Robenhersteller Roben in den gängigsten Größen kaufen und diese dann zum Zwecke der “Nachahmung” an diese Gruppe weiterleiten.
In unserem Blogeintrag “Die Robe ELITE im Fokus von Piraten” berichteten wir bereits von 2 Privatpersonen, die als Stohmänner fungiert hatten. Nachdem wir die Strohmännerbestellungen nicht ausgeliefert hatten, erhielten wir von einer relativ bekannten Anwaltskanzlei eine Bestellung, die genau die Roben in den Konfektionsgrößen enthielten, die die Strohmänner erfolglos bestellt hatten. Und weil in dieser Bestellung auch noch Richterroben enthalten waren, riefen wir dort an und fragten, ob die Richterroben versehentlich bestellt worden wären. Als Antwort hörten wir “unsere Anwälte arbeiten auch als Schöffen und brauchen Richterroben”. Nun brauchen einerseits Schöffen keine Richterroben und andererseits gibt es wohl keine Kanzlei, in der 5 Anwälte als Schöffen tätig sind. Geliefert haben wir natürlich nicht.
Etwa 4 Wochen später bestellt eine andere große Anwaltskanzlei Roben und wir riefen dort an, bedankten uns (höflich wie wir sind) für den Auftrag und wollten die einzelnen Größen besprechen. Die Dame die diese Bestellung aufgebenen hatte sagte, dass die Gößen schon stimmen und wörtlich “die Roben sind nicht für uns, wir leiten sie nur weiter”. Auf die Frage, ob die Roben an die Handelsgruppe xxxxxx gehen würden, kam ein klares “JA”.
Nun wissen wir definitiv, welche Handelsgruppe unsere Roben “nachahmen” will. Unsere Anwälte kümmern sich darum. In diesem Zusammenhang fragt es sich natürlich, ob es mit dem Standesrecht der Anwälte vereinbar ist, als Strohmann aufzutreten und so Beihilfe zur Produktpiraterie zu leisten.
Im Internet finden wir zum Begriff des Standesrechts eine Dissertation des Rechtsanwaltes Dr. Michael Stehmann. Hieraus sei auszugsweise zitiert:
Diese Normen betreffen nicht nur das Verhalten des Anwalts gegenüber seinen Kollegen und seiner Kammer, sondern auch gegenüber Gerichten und Behörden, Rechtsuchenden, seinen Mitarbeitern und schließlich der Öffentlichkeit. Man kann diesen Normenkomplex auch “berufsspezifisches Berufsrecht” nennen, der Begriff “Standesrecht” hat sich aber hierfür eingebürgert, mag es sich hierbei auch um einen “unscharfen” Sprachgebrauch handeln. Dabei werden bewusst nur solche Normen erfasst, die Pflichten des Anwalts statuieren, während seine besonderen Rechte außer Betracht bleiben. Der Zusammenhang zwischen Rechten und Pflichten soll aber nicht geleugnet werden. Vielmehr beschreibt das Standesrecht – in dem hier zugrunde gelegten Sinne – jenen Pflichtenkreis, der auch Folge dessen ist, dass der Rechtsanwalt innerhalb der Rechtspflege zum Zwecke seiner Berufsausübung besondere Rechte genießt.
Das Standesrecht ist auch die Basis jenes notwendigen Vertrauensvorschusses, den der Rechtsanwalt sowohl seitens der Angehörigen der anderen Rechtspflegeorgane und durch seine Kollegen als auch durch seine Mandantschaft, das rechtsuchende Publikum, erhält und den er zum effektiven Arbeiten auch benötigt. Insoweit erfüllt das anwaltliche Standesrecht disziplinäre Aufgaben. Das Standesrecht ist somit Teil des öffentlich-rechtlichen Berufsrechts der Anwaltschaft.
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